Die Mobilitätsbedürfnisse der Bewohner und der Wirtschaft und die Möglichkeiten der Befriedigung dieser Bedürfnisse haben sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und werden sich zukünftig weiter verändern. Daher hat die Stadt Gronau 25 Jahre nach der Erstellung des letzten Verkehrsentwicklungsplans (VEP) beschlossen, die Ziele und die Rahmenbedingungen ihrer zukünftigen Mobilitäts- und Verkehrsplanung durch die Erstellung eines neuen Leitkonzeptes für die Mobilität im Jahre 2035 in Gronau zu erarbeiten.
Während der Verkehrsentwicklungsplan aus dem Jahre 1994 noch der damaligen klassischen Verkehrsplanung folgte, sind die Spielräume und Möglichkeiten zur Gestaltung von Mobilität und Verkehr in den vergangenen Jahren weiter angewachsen. Schlagwörter und Konzepte wie Carsharing, Radschnellverbindungen, Reaktivierung und Ausbau von Bahnverbindungen, Elektromobilität (E-Autos und Pedelecs), Nahmobilität, autonomes Fahren, Digitalisierung, Mobilitätsmanagement, barrierefreie Mobilität, Maut und vieles mehr stehen hier für die Mobilität von morgen.
Doch sind diese Konzepte und Ansätze auf eine Stadt wie Gronau mit knapp 50.000 Einwohnern in zwei Stadteilen im eher ländlich geprägten Raum im Einflussbereich der Universitätsstädte Münster und Enschede anwendbar? Wie ist bei der Gestaltung der Mobilität von morgen mit dem gestiegenen Bedürfnis der Bewohner an Beteiligung bei dieser Gestaltung umzugehen? Welche Grundbedürfnisse der Bewohner und der Wirtschaft bestehen in Fragen von Mobilität und Verkehr?
Diesen Fragen sollen mit dem Mobilitätskonzept Gronau 2035 beantwortet werden und die Leitlinien für die Gestaltung der Mobilität in Gronau für die nächsten 15 Jahre vorgeben.
Grundsätzlich sind ein Verkehrsentwicklungsplan und ein Mobilitätskonzept in weiten Teilen deckungsgleich. Beide legen Ziele und Strategien für die Entwicklung und die Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur fest. Somit dient ein solches Konzept als Orientierung für Politik, Bürgerschaft und Verwaltung, welche Kriterien und Prioritäten bei Entscheidungen über verkehrlich bedeutende Maßnahmen anzuwenden sind.
Ein Verkehrsentwicklungsplan betrachtet dabei die vier Verkehrsarten motorisierter Individualverkehr (Kfz, Lkw und Motorrad), ÖPNV, Radverkehr und Fußgängerverkehr. Es werden Quellen und Ziele des Verkehrs ermittelt, um-fangreiche Verkehrszählungen mit Verfolgungsmessungen vorgenommen und daraus ein mathematisches Verkehrsmodell entwickelt. Über Prognosen der Bevölkerungsentwicklung und des Verkehrsaufkommens lassen sich dann rechnerisch zukünftige Verkehrsmengen auf den betrachteten Straßen ermitteln und Varianten zur Verbesserung des Verkehrsflusses oder der Sicherheit des Verkehrs untersuchen. Ferner werden Gefahrenpunkte und Mängel im System ermittelt und hierfür Vorschläge für Maßnahmen getroffen. Außerdem werden Standards für Verkehrsanlagen z. B. Radwege, Bushaltestellen, Querungshilfen, definiert, eine Kategorisierung des Verkehrsnetzes vorgenommen sowie Vorschläge für die Zonierung von Stadtbereichen, z. B. für Tempo 30-Zonen, entwickelt.
Ein Mobilitätskonzept geht noch einen Schritt weiter. Es betrachtet nicht nur jeden einzelnen Verkehrsträger, sondern es werden auch die Verkehrszwecke und damit die eigentlichen Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmer betrachtet. Es soll ein strategisches Zusammenwirken der Bereiche Infrastruktur, Kommunikation und Service geschaffen werden, wodurch mehr Mobilität für alle Nutzergruppen erreichbar ist. Hintergrund dieses Ansatzes ist die Erkenntnis, dass weder Raum noch finanzielle Mittel für die Schaffung weiterer Verkehrsanlagen, insbesondere von Straßen, zur Verfügung stehen. Insofern muss versucht werden, die Verkehrsbedürfnisse besser zu organisieren, so dass die vorhandenen Strukturen ausreichen und Belastungen insgesamt gesenkt werden.